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neděle 2. června 2013

Das erprobte Totschlagargument im bisherigen sudetendeutsch-tschechischen Diskurs

Vorgetragen am 64. Sudetendeutschen Tag in Augsburg (18. Mai 2013)
Pavel Kamas
Prof. Zdenek Slama in Uniform des Kuratoriums für die Jugenderziehung
in Böhmen und Mähren bei einer Siegerehrung nach den Sommerspielen
der tschechischen Jugend in Prag. (Sommer 1944, Foto: Archiv L. Beer)
Der Titel meines heutigen Vortrages heißt laut der Einladung „Situation der in der Heimat verbliebenen Landsleute“. Nun, im Frühjahr 2013, wo ganz Europa mit sehr ernstzunehmenden Entwicklungen konfrontiert wird, wäre es mir ein bißchen kurz gefaßt, ohne tieferen Einblick in die komplexen Zusammenhänge nur über die Heimatverbliebenen zu sprechen; und das Thema müßte in diesem Falle eigentlich in wenigen Minuten abgehandelt sein. Ich möchte daher den Bogen viel weiter spannen, denn die aktuelle Lage bietet jede Menge interessanter Gedankenansätze, die letztendlich zum grundlegenden Wandel auch in der sudetendeutschen Sache führen könnten. Ich sage es ganz offen: Ich bin mittlerweile zu der Auffassung gelangt, daß man nur durch gemütliche, ein paar Mal im Jahr stattfindende Stammtischdiskussionen, wo allerdings keine neuen Erkenntnisse oder Lösungsansätze beleuchtet werden, nicht viel erreichen kann. Und selbst ein starres Beharren auf den, wenn auch durchaus berechtigten Argumenten, die das Unrecht der Vertreibung an den Pranger stellen, bringt uns auch nicht weiter. Daher werde ich die mir eingeräumte Redezeit eher für die Analyse der Ursachen für den einzementierten Ist-Zustand der sudetendeutschen Frage nutzen und dabei auch versuchen, einige neue Impulse für die Zukunft zu setzen. Denn ich bin nach wie vor der Meinung, daß es grundsätzlich keine Aufgabe ohne Lösung gibt, wenn man nur bereit ist, sich von alten Gedankenmustern zu trennen und die Möglichkeiten einer neuen zielführenden Herangehensweise von Grund auf zu überlegen.

Sofern man die Entwicklungen der sudetendeutsch-tschechischen Beziehungen in den letzten Jahren mit kritischem Auge beobachtet hat, konnte man feststellen, daß sich, welch Überraschung, so gut wie gar nichts geändert hat. Nicht etwa, was die offiziellen Positionen oder Erklärungen der jeweiligen politischen Führungsrepräsentanten anbelangt, nein, da hört man schon Worte wie „Versöhnung“, „alte Spuren, neue Wege“; da werden sehr wohl gemeinsame, von der EU finanzierte Ausstellungen in sicherlich wohlmeinender Absicht veranstaltet oder dergleichen. Wenn man aber genauer hinschaut, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob es der eigentliche Auftrag der in den obersten Gefilden agierenden Interessenvertreter auf beiden Seiten wäre, die altbekannten gegenseitigen Vorwürfe immer wieder aufs neue gebetsmühlenartig herunterzurattern sowie die jeweilige Gegenseite mit einer „harschen“ Aussage hin und wieder ein bißchen zu provozieren, jedoch das wirklich heiße Eisen, das der permanenten Stagnation der Fortentwicklung der sudetendeutschen Angelegenheit meiner Meinung nach zugrundeliegt, möglichst nicht zu berühren. Dann braucht man sich nicht zu wundern, daß viele betroffene Sudetendeutsche, die eine maßgebende Veränderung der bisherigen tschechischen Haltung anstreben, dazu neigen können, entmutigende Gedanken zu hegen, etwa: daß bereits eh alles gesagt worden sei und der eigentliche Fortschritt nur deswegen ausbleibe, weil ja die Tschechen – bis auf eine handvoll Sympathisanten – allesamt halt nur trotzige Ignoranten oder überhebliche Nutznießer des größten Raubes des 20. Jahrhunderts seien.

Aufmarsch der tschechischen Jugend auf dem Prager
Wenzelsplatz im September 1943. (Foto: Archiv L. Beer)
Was den „Otto Normalverbraucher“ anbelangt, mag dieses unschöne Bild auch tatsächlich stimmen. Dennoch sollten wir uns um so intensiver damit beschäftigen, welches Totschlagargument die Befürworter der Benesch-Dekrete und die sonstigen Leugner des an den deutschsprachigen Böhmen, Mährern und Schlesiern begangenen Völkermordes stets parat haben, mit dem sie jeglichen, wie auch immer völlig legitimen Einwand einfach vom Tisch fegen können, wenn es ihnen in den Kram paßt. Denn, wenn wir dieses Instrument, das den Verteidigern des Heimatraubes nach wie vor die Oberhand bei der sachlichen Auseinandersetzung zusichert, zuerst einmal identifizieren, dann können wir auch nach Möglichkeiten suchen, wie sich dieses Instrument bewältigen bzw. entkräften läßt.

Die Enthüllung dieses Totschlagargumentes liegt ohne langes Herumrätseln klar auf der Hand, wenn man sich nur die typische Abfolge des bisherigen sudetendeutschtschechischen Diskurses vor Augen führt:

- Die Heimatvertriebenen stellen berechtigte Ansprüche.
- Die tschechischen Entscheidungsträger mit entsprechender Unterstützung der vom Staate bezahlten Historiker schlagen diese mit dem Hinweis aus, daß der „Transfer“ der deutschsprachigen Bevölkerung ja nur die mildere Strafe für die deutschen Verbrechen gewesen sei – wie es auch der neue Staatspräsident Zeman wiederholt auf schäbigste Weise letzthin zum Ausdruck gebracht hatte.
- Die deutsche Seite rudert sofort zurück und versucht krampfhaft, auch nur den kleinsten Beweis hervorzukramen, der belegen soll, daß der einfache Deutsche, bitteschön, immer gegen den bösen Hitler gewesen ist und mit dem NS-Regime nichts am Hut hatte. In den meisten Fällen münden solche Bemühungen dann üblicherweise in einer Überbetonung der einen oder anderen Form des deutschen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus im Rahmen des geschichtlichen Erinnerns.
- Dann kommen aber durch die Hintertür die bekannten Fotos daher, auf denen die deutsche Bevölkerung von Komotau, Aussig oder Reichenberg die Wehrmacht bejubelt, und damit ist die Diskussion schnell wieder zu Ende.

Das Totschlagargument ist also in der Tat – wen wundert es? – die altbewährte Nazi-Keule, eine perfide, inhaltslose Mogelpackung, wie ich Ihnen noch demonstrieren werde.

Und genau hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, muß man den Hebel ansetzen. Denn gerade in der zurechtgestutzen, teilweise sogar völlig herbeigedichteten Darstellung der Protektoratsgeschichte schlummert eben das probate Totschlagargument der Benesch-Anhänger, mit dem sie den Völkermord an den Sudetendeutschen moralisch immer zu rechtfertigen wissen. An dieser Stelle sollte also die Frage erlaubt sein: Warum haben sich bis heute die sudetendeutschen Historiker oder sonstige sudetendeutsche Interessenvertreter blindlings auf die offizielle Siegergeschichtsschreibung betreffend Protektorat verlassen? Diese Frage muß gestellt werden können. Denn der Fokus der sudetendeutschen bzw. unserer Volksgruppe nahestehenden Historiker war ohnehin fast ausschließlich auf den Zeitraum nach dem sogenannten Prager Aufstand 1945 oder auf die Geschehnisse zwischen 1918 und 1938 in der 1. tschechoslowakischen Republik gerichtet. In Wirklichkeit ist der Wissensstand bezüglich der Protektoratszeit heutzutage in der Tschechei schon viel weiter als auf der Seite der Heimatvertriebenen. Kritische Fragen werden gestellt und zwar nicht nur von der Seite, die mit den Sudetendeutschen sympathisiert! Und was ist der inhaltliche Kern dieses lumpigen Totschlagargumentes? Nun ja, lassen Sie mich jetzt bitte Klartext reden.

Dr. Frantisek Teuner, Generalreferent des tschechischen Kuratoriums, bei
der Siegerehrung im vollbesetzten "Sandberg"-Stadion in Prag. Bis
zu 70.000 Zuschauer feuerten die tschechischen Jugendlichen an.
(September 1943, Foto: Archiv L. Beer)
Von den meisten Vertretern der offiziellen tschechischen Geschichtsschreibung wird nach wie vor beharrlich an der These festgehalten, wonach über der gesamten tschechischen Bevölkerung nach dem deutschen Endsieg das unerbittliche Schicksal einer physischen Ausrottung des tschechischen Volkes bzw. der zwangsweisen Umsiedlung nach Sibirien oder sonst wohin geschwebt habe. Diesem Völkermord sei die tschechische Nation allerdings nur dank der Tatsache entgangen, daß deren Angehörige vom Reich unbedingt für die Rüstungsindustrie und Kriegswirtschaft benötigt wurden. Einer der bekanntesten tschechischen Historiker, Jan B. Uhlir, dem vonseiten der öffentlich-rechtlichen Fernsehund Rundfunkanstalten ungewöhnlich viel Raum für seine Meinungsäußerungen geboten wird, pflegt zu behaupten, die Tschechen hätten ihre im Vergleich mit der jüdischen Bevölkerung wesentlich günstigeren Lebensbedingungen im Protektorat eben dem erwähnten deutschen Bedarf an Arbeitskräften zu verdanken, sonst hätte sie nämlich letztendlich auch „das traurige Schicksal von Juden und Polen ereilt“. Die Versuche der tschechischen Historiographie, die Judenfrage im Protektorat den nationalsozialistischen Umvolkungsabsichten im böhmisch-mährischen Raum gleichzusetzen, sind uralt und bezwecken im Grunde nur eines: die Vertreibung und den Völkermord an den Sudetendeutschen in Anbetracht einer angeblich geplanten „Endlösung der tschechischen Frage” in den Schatten zu stellen.

Man glaubt, die deutsche Reichsregierung habe die Tschechen als rassisch minderwertig eingestuft, und das tschechische Volk würde nach dem Endsieg der Deutschen samt und sonders genau das gleiche Schicksal ereilen wie die Juden. Vor diesem zurecht manipulierten Hintergrund verpufft jegliche Argumentation mit dem Hinweis auf eine ungerechte Kollektivschuld bezüglich der Vertreibung und Enteignung der sudetendeutschen Volksgruppe natürlich im Nichts. Was passiert aber, wenn man die tschechische Öffentlichkeit, aber auch viele in dieser Hinsicht wirklich nichtsahnende vertriebene Landsleute mit folgenden Fakten konfrontiert und sie fragt:

Wußten Sie von der Existenz einer tschechischen, nach dem Vorbild der Hitlerjugend aufgebauten Massenjugendorganisation, dem tschechischen Kuratorium für die Jugenderziehung in Böhmen und Mähren?
Sind Ihnen die Hintergründe und Absichten, die damit von den damaligen NS-Machthabern bezweckt wurden, bekannt? Etwa die Umerziehung, ich zitiere: „der arischen tschechischen Jugend nach deutschem Vorbild bzw. zum sogenannten Reichsgedanken“?
Ist Ihnen der Begriff „reichstreues tschechisches Nationalbewuβtsein“ geläufig? Haben sie jemals eingehende Berichte über unzählige Massenveranstaltungen, die das Kuratorium gemeinsam mit Führungskräften der Hitler-Jugend organisiert hat, zu Gesicht bekommen, und wußten Sie, daß die Aktivitäten des damaligen Kuratoriums nach anfänglichen Berührungsängsten allmählich breite Zustimmung und Akzeptanz in der tschechischen Öffentlichkeit gewinnen konnten?
Wuβten Sie, daβ sich die tschechischen Jugendlichen ein Beispiel an der deutschen Jugend nehmen sollten und ähnliche Einrichtungen, die für die HJ-Mitglieder vorgesehen waren, für die tschechische Jugend errichtet wurden, und zwar ausdrücklich auf Wunsch der höchsten deutschen Führungsstellen und in deren Sinne?
Wußten Sie, daß die tschechische Jugend massenhaft freiwillig an literarischen und künstlerischen Wettbewerben, veranstaltet durch die deutsche Wehrmacht, teilgenommen hatte?
Wußten Sie, daß für das Schuljahr 1945/1946 ursprünglich auch die Aufnahme der hierfür geeigneten tschechischen Jungen in die NAPOLA-Schulen vorgesehen war? Wußten Sie, daß Tausende von tschechischen Männern zur Wehrmacht einrückten?
Wußten Sie, daß es im Protektorat sogar, ich zitiere: „Gesetze zum Schutze des tschechischen Blutes“ gegeben hat und diese auch tatsächlich angewendet wurden? Wußten Sie, daß nach der umstrittenen Schließung der tschechischen Universitäten eine hohe Zahl von Tschechen an den besten deutschen Universitäten im Reich studieren durfte und daß weitere Tausende von Tschechen ihr Interesse für ein Studium im Reich zeigten und daβ der Bedarf an tschechischen Studierenden im Reich gegen Ende des Krieges sogar anwuchs und deren Zahl erhöht werden sollte?
Wie paßt das alles mit dem propagierten Bild einer angeblich geplanten Ausrottung des „slawischen tschechischen Untermenschentums“ zusammen?

Andrang der tschechischen Besucher vor dem
"Sandberg"-Stadion in Prag, direkt von einer Sportveran-
staltung des Kuratoriums. (September 1943)
Macht man derartige Dinge mit einem Volk, das zur Eliminierung bestimmt ist...? Hätte man sich auf deutscher Seite damals tatsächlich so viel materiellen und zeitlichen Aufwand angetan – wohlgemerkt mitten im Krieg! –, nur um die tschechische Jugend, und zwar möglichst flächendeckend, also die gesamte tschechische Jugend, von dieser neuen Art der Erziehung im nationalsozialistischen Sinne zu erfassen und sie auf neue Bahnen zu leiten? Hätte man sich damals auf deutscher Führungsebene tatsächlich den Kopf darüber zerbrochen, wie denn nun diese tschechische Jugend am effektivsten und tiefgreifendsten in diesem Sinne geistig zu beeinflussen sei? Hätte man der tschechischen Jugend damals exakt dieselben Ideale und Werte vermittelt wie der deutschen Jugend und sie lieber nicht gleich in Nihilismus, Undiszipliniertheit, Dekadenz und ungesunder Lebensweise schwächeln und langsam dahinvegetieren lassen? War denn aus damaliger Sicht eine starke, gesunde, schöngeistige und reine Ideale und Werte vertretende und lebende nationale Jugend nicht die beste Garantie für den Fortbestand eines Volkes?

Natürlich darf man auch hier nicht den gänzlichen Hintergrund dieser vorgesehenen Erziehung der tschechischen Jugend im Dritten Reich auβer Acht lassen oder ihn gar verschweigen – nämlich die geplante allmähliche Umvolkung der Tschechen und deren endgültige Umerziehung zum Reichsgedanken. Und selbstverständlich stieβ die neue, von den Nationalsozialisten überaus geförderte tschechische Jugendorganisation bei der eigenen Bevölkerung anfänglich teilweise auf taube Ohren, teilweise auf Mißtrauen und Zurückhaltung – übrigens auch ein geläufig gebrauchter Einwand unter den tschechischen Historikern. Allerdings müβte man an dieser Stelle auch gleich bedenken, daβ die äußeren Voraussetzungen für eine Umerziehung des tschechischen Volkes zum damaligen Zeitpunkt, wo die Jugendarbeit erst ihren eigentlichen Anlauf nahm, nämlich 1943-1944, denkbar schlecht waren. So war den meisten Tschechen nach den Ereignissen in Stalingrad offenbar mehr oder weniger klar, daβ der Krieg nicht mehr lange dauern dürfte, und wer siegen würde, das lieβ sich schon damals erahnen. Unter diesen Umständen hat es der weitaus gröβte Teil der tschechischen Bevölkerung bevorzugt, möglichst nicht aufzufallen und sich loyal zu verhalten und so nur noch das Kriegsende abzuwarten. Dennoch ist es überraschend – und hier möchte ich betonen, daβ es sich um im deutschsprachigen Raum vollkommen unbekannte Tatsachen handelt –, daß der Anteil der tschechischen Zivilbevölkerung an den Aktivitäten des Kuratoriums, z. B. an den groβzügig und auf freiwilliger Basis besuchten sportlichen und kulturellen Groβveranstaltungen und Kundgebungen mit politischem Hintergrund oft überwältigend gewesen ist! Es handelt sich um „dunkle“, logischerweise nicht herzeigbare Kapitel der tschechischen Zeitgeschichte, die über sehr lange Jahrzehnte von der tschechischen Historiographie vollkommen tabuisiert wurden. Auf diese Erscheinungen und geschichtliche Tatsachen, nämlich auf Tschechen, die ihren rechten Arm zum Hitlergruβ erhoben, ist die offizielle tschechische Historiografie naturgemäβ alles andere als stolz.

HJ-Gebietsführer Fritz Knoop (rechts im Bild)  äuβert sich 1944 gegenüber
dem deutschen Staatsminister im Protektorat K. H. Frank sehr zufrieden
über den erfolgreichen Verlauf der Veranstaltungen des Kuratoriums.
(In der Mitte der Kuratorium-Vorsitzende Emanuel Moravec, Schulminister
im Protektorat, links von ihm Ministerpräsident Jaroslav Krejci. Prager
"Tag der tschechischen Jugend", Sommer 1944.)
Stattdessen war man in der Tschechei – und ist es eigentlich bis heute – krampfhaft bemüht, die Bedeutung des tschechischen Widerstandes im 2. Weltkrieg überzubetonen. Lediglich mit einer optischen Änderung! War es für die kommunistischen Historiker vor 1989 verständlicherweise der kommunistische Widerstand, dem die weitaus gröβte Bedeutung zugemessen wurde, während für die Heydrich-Attentäter und Beneš mehr Spott als Anerkennung übrig blieb, verhält es sich heutzutage genau umgekehrt. Es vergeht fast kein Tag, an dem die tschechischen Medien nicht über die heroischen Taten der Heydrich-Attentäter oder irgendwelcher tschechischen Flugzeugpiloten im britischen Dienst berichten, während der Anteil der sowjetischen Armee an der Eroberung und Besetzung des böhmisch-mährischen Raumes kaum einer Erwähnung wert ist und die offiziellen Staatsfeiern der sogenannten Befreiung inzwischen von Prag nach Pilsen verlegt wurden, da ja Pilsen 1945 von den US-Amerikanern und nicht von den Russen besetzt worden ist.

Ein Filmplakat des Kuratoriums. HJ-Filme dienten
als Vorbild sowohl für technische Bearbeitung,
als auch für die Drehbuchgestaltung.
Der neue tschechische Zeitgeist ist bemüht, sich der kommunistischen Altlast möglichst zu entledigen. Jedoch hat auch der neue Zeitgeist mit dem vor 1989 herrschenden eines gemeinsam: gewisse Aspekte und Kapitel der Protektoratszeit werden systematisch unter den Teppich gekehrt. Und dieser auf tschechischer Seite unter veränderten Prioritäten gepflegte Zeitgeist findet wunderbarerweise einen bedeutenden natürlichen Verbündeten auf der anderen Seite, nämlich jenen Zeitgeist, der die Historiker aus dem deutschsprachigen Raum vor einer eigenen, unabhängigen oder gar kritischen Erforschung der tschechischen Protektoratsgeschichte zurückschrecken läßt. Und wer sonst – wenn nicht gerade tschechische oder deutsche bzw. österreichische Historiker – sollten noch an dieser Etappe der deutsch-tschechischen Beziehungen überhaupt interessiert sein? Von einigen sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, wird sich kaum ein „Auβenstehender“, sprich ein französicher, britischer oder italienischer Historiker für diese geschichtliche Materie begeistern.

Also, an diesem Beispiel sieht man in klarer Deutlichkeit, daß es nichts anderes als die schmutzige Nazi-Keule ist, die das perfide Machwerk der Nutznießer der Vertreibung der Deutschen aus ihrer Heimat zusammenhält und beschützt.

Auf alle diese vorhin gestellten Fragen gibt es bereits klare, mit unumstößlichen Archivbeweisen belegte Antworten, und alle wurden bereits und werden auch in Zukunft an die Öffentlichkeit gebracht.

Dafür sorgt zum Beispiel mein Kollege Lukas Beer, Privathistoriker, Begründer und Chefredakteur des gesellschaftskritischen Internetmagazins NÁŠ SMĚR (auf deutsch „Unser Weg“), der sich mit der Richtigstellung der auf das Gebiet des böhmischmährischen Raumes bezogenen Geschichte der Jahre 1918 bis 1945 eingehend und ergebnisoffen befaßt. Das erwähnte Nachrichtenportal, behandelt diese heiklen Themen auf höchstem geschichtswissenschaftlichen Niveau und zieht dabei Schlußfolgerungen, die, gestützt durch stichhaltige Argumente sowie Originalbeweise aus den Archiven, kräftig an der offiziellen tschechischen Geschichtsschreibung in Hinblick auf die sudetendeutsche Frage kratzen und welche die Fundamente der billigen, nazi-lastigen Pseudo–Argumentation von Befürwortern der Benesch-Dekrete ordentlich ins Wanken bringen.

Hinzu kommen noch die Aktivitäten meiner Wenigkeit: Als wir mit dem von mir sehr geschätzten Herrn Dr. Alfred Oberwandling im Frühjahr 2012 gemeinsame Pläne geschmiedet hatten, durch die Herausgabe sudetendeutscher Bücher in meinem Verlag in Brünn der Stimme der Heimatvertriebenen im Herzen der Tschechei Gehör zu verschaffen, wußte zu dem Zeitpunkt keiner von uns, wie der tschechische Buchmarkt darauf reagieren wird. Man hätte meinen können, daß die sudetendeutschen Autoren mit ihren Schriften automatisch auf Ablehnung stoßen müßten, oder daß sie bestenfalls völlig ignoriert werden würden. Das Gegenteil ist jedoch der Fall! Mehr als zwei Drittel der Erstauflage des Buches „Münchner Abkommen und das Schicksal der Sudetendeutschen”, das wir in tschechischer Übersetzung im Oktober 2012 auf den Markt gebracht haben, sind bereits abverkauft worden. Der von Herrn Dr. Mirtes und Dr. Oberwandling herausgegebene sudetendeutsche Atlas "Unvergessene Heimat Sudetenland", den wir in zweisprachiger, deutsch-tschechischer Fassung erst gestern als frische Neuerscheinung unseres Verlages auf den Markt gebracht haben, vermittelt dem tschechischen Leser in bildhafter Form, was es mit einer positiven, deutsch geprägten kulturellen Bereicherung auf sich hat, auf die man letztendlich bewußt oder unbewußt jeden Tag zurückgreifen kann. Gleichzeitig aber dokumentiert der Inhalt des Buches anschaulich, welche verheerenden Auswirkungen eine komplette Ausradierung des Urhebers dieser Bereicherung für die Zerstörer selbst haben kann.

Also, Sie sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Da wird etwas gemacht und zwar direkt im Herzen und vermittels der Sprache des Vertreiberstaates; und Sie sehen auch, daß die Bereitschaft des tschechischen Lesers, sich auch bisher völlig unbekannte, in einigen Fällen sogar sehr unbequeme Fakten zu Gemüte zu führen, unübersehbar ist. Darüber hinaus konnten wir angesichts der Leserbriefe oder der Struktur der Freundesgemeinde im Sozialnetz Facebook feststellen, daß sich die Leserschaft sowohl bei NÁŠ SMĚR als auch bei dem Verlag vorwiegend aus jungen Menschen zusammensetzt. Das ist uns sehr wichtig und erfüllt uns bei unseren Bemühungen mit positiver Energie und Genugtuung, weil es gerade die kommenden jungen Generationen sind, die eine Verbesserung der Lage in unserem Sinne zuwege bringen könnten. Seien wir doch ehrlich: Die ganzen alten Semester, seien es die Aktivisten der chauvinistischen, pseudo-nationalen Kreise, seien es die sogenannten Kriegsveteranen der tschechischen Auslandsarmee, oder seien es die Verehrer der sog. Aufständischen, die zum Kriegsende „heldenhaft“ in die Reihen der zurückziehenden deutschen Soldaten beim sog. Prager- Aufstand geschossen haben oder deren Truppen den Weg beim Rückzug aus der Stadt verbarrikadierten, oder wenn wir auch nur die blinden Anhänger dieser dubiosen Gruppierungen nehmen, deren einzige weltanschauliche Substanz auf einem blanken, vom Neid erfüllten Deutschenhaß beruht. Diese Leute können und wollen wir nicht überzeugen. Sie dürfen gar nicht über ihren eigenen Tellerrand hinausschauen, weil die meisten von ihnen ja bis heute direkt oder indirekt Nutnießer der Vertreibung sind. Ein etwaiges Bekenntnis ihrer eigenen Verbrechen würde ihnen den Boden, auf dem die Rechtfertigung des Landraubes steht, schlagartig unterminieren. Das wissen sie auch selbst nur zu gut. Hier sollten wir also unsere kostbare Energie nicht verheizen.

Folglich sollten sich all jene, die den ewigen Zwist und Hader zwischen Deutschen und Tschechen mit greifbaren Konsequenzen aus der Welt schaffen wollen, vor allen Dingen auf die heranwachsenden Generationen konzentrieren. Letzten Endes sind die beiden Völker Mitteleuropas, Deutsche und Tschechen, doch identischen Herausforderungen und herannahenden gesellschafts-politischen Änderungsprozessen in Europa ausgesetzt!

Wenn man sich mit jungen Tschechen z. B. beim Sport unterhält oder mit ihnen abends im Lokal über Gott und die Welt plaudert, ist es erstaunlich, wie viele von ihnen den Aussagen der Machthaber oder auch der Massenmedien keinen Glauben mehr schenken. Die endlosen Korruptionsaffären oder die Geschichten über die mafiosen Verflechtungen von der kleinsten Gemeinde bis hin zu den obersten Etagen der Staatsführung, die mittlerweile zur alltäglichen Berichterstattung der tschechischen Presse geworden sind, die um sich greifende soziale Unsicherheit, eine steigende Arbeitslosigkeit, der Sittenverfall, die reine hedonistische Konsumorientierung als „höherer Lebenssinn“ auf der einen Seite oder aber die Sehnsucht nach einer sinnvollen Beschäftigung, nach Halt, nach Sinn und Idealen auf der anderen Seite erzeugen bei vielen jungen Menschen eine grundsätzliche Abneigung gegen die etablierte Politik, die letztendlich auch antideutsche chauvinistische Inhalte vertritt – diese Zusammenhänge muß man sehen. Und sind diese dekadenten Auswüchse etwa eine Besonderheit, die sich nur auf den postkommunistischen Staat, aktuell genannt Tschechische Republik, beschränken? – Mitnichten! Die ganze Europäische Union entlarvt sich allmählich als eine marode Kiste, als ein aus leeren inhaltslosen Phrasen bestehendes Lügengebäude, das auf tönenden Füßen steht. In allen Ländern der EU sehen wir mehr oder weniger die gleichen Verwerfungen, die nun auch in der Tschechei ihre Spuren hinterlassen.

Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, in einer solchen Zeit müssen sich beide Völker, sowohl die Tschechen als auch die Deutschen, um so intensiver ihrer gemeinsamen kulturellen Wurzeln besinnen und dadurch neue schöpferische Kräfte bündeln, die dem allgegenwärtigen, quer durch Europa wütenden Ungeist der nationalen Entfremdung, der kulturellen Entwurzelung und der verödenden Identitätslosigkeit einen Riegel vorschieben.

Den jungen Tschechen müßte also ohne irgendein überhebliches Vokabular vermittelt werden, daß der wesentliche sudetendeutsche Beitrag zu dem kulturellen Reichtum, auf das er im Jahre 2013 in seiner Heimat so stolz sein kann, nicht von der Hand zu weisen ist. Der junge Tscheche soll begreifen, daß in einem nicht unbeträchtlichen Teil seines Wesens deutsche Bestandteile vorhanden sind. Er soll sich einmal veranschaulichen, wer ihm, mal abgesehen von der Sprache, näher steht, ein Niederösterreicher, ein Bayer, ein Franke, ein Sachse oder wirklich etwa ein Angelsachse, ein Rumäne, ein Ukrainer oder ein Bulgare (Stichwort: „Wir sind ja alle Slawen!“). Man muß doch ganz klar sagen: In keinem anderen Volk in Europa, welches sich offiziell so krampfhaft vom Deutschtum distanziert, sind gleichzeitig so viele deutsche Wesenszüge vorhanden als eben im tschechischen Volk. Oder will etwa ein Jiří Niedermayer, Robert Leibner, Martin Weinhauer oder František Preisler das Gegenteil beweisen?

In diesem Zusammenhang darf ich an die Worte eines hochrangigen Stellvertreter des besagten Kuratoriums für die Jugenderziehung in Böhmen und Mähren, Jan Pipota, erinnern, der im Bereich der geistigen Erziehung der tschechischen Jugend federführend war und in einem Referat, dessen deutsche Übersetzung auch Karl Hermann Frank vorgelegt wurde, im Jahre 1943 zu Papier brachte, ich zitiere:

„Böhmen und Mähren ist das gemeinsame Vaterland für die Tschechen wie für die Deutschen. Deutsche, die hier geboren und aufgewachsen sind, haben unser Vaterland ebenso lieb wie wir Tschechen, und wir haben den gleichen Wunsch, einen der vollkommensten Faktoren unseres Reiches zu bilden. In Böhmen und Mähren kann und muss Tschechen und Deutschen eine gemeinsame glückliche und zufriedene Zukunft gesichert werden. Wir müssen uns unserer Verpflichtungen bewuβt sein, die uns die groβe Geschichte des Heimatlandes, aufgebaut durch berühmte Taten und Kleinarbeit von Millionen unserer tschechischen und deutschen Vorfahren, auferlegt. Ein Blick in die Vergangenheit erfüllt uns mit Stolz. Durch die Zusammenarbeit der Tschechen und Deutschen ist unser ganzer Kulturreichtum entstanden. Tschechen und Deutsche lebten in der Vergangenheit nicht kalt und fremd nebeneinander, sondern sie traten in natürliche, verwandtschaftliche Beziehungen zueinander. Davon zeugt eine Reihe deutscher Namen bei Tschechen und tschechischer Namen unter den Deutschen. Viele nahe Verwandte unserer tschechischen Kameraden kämpfen heute als deutsche Soldaten für die Verteidigung Europas. Zehn Jahrhunderte des Zusammenlebens mit den Deutschen im gemeinsamen Vaterland machen aus uns ein neues Volk, ausdauernd, arbeitsam und geistig hochstehend. Wir haben weltanschaulich und charaktermäβig, sowie in unserer Lebensart, nichts mehr mit den übrigen slawischen Völkern des Ostens und des Balkans gemeinsam. Der Tscheche und Pole sind einander fremd. Die verwandte Sprache ist nicht imstande, die Verschiedenheit des Blutes zu übertäuben. Dafür aber ist ein Tscheche von einem Deutschen – wenn er nicht spricht – kaum zu unterscheiden. Wir unterscheiden uns nur durch die Sprache. Die Lebensweise und Denkungsart ist die gleiche. Böse Zungen erzählen, daß wir im Reich entnationalisiert werden sollen. Im Gegenteil! Die tschechische Jugend pflegt im höchsten Grade das Gefühl für ihren wahren Volksschatz. Dieser Volksschatz besteht in unseren Volksliedern, Volkssprüchen, Gebräuchen, wie in unserem ganzen Brauchtum.“
Nur nebenbei sei erwähnt, daβ die eben zitierten Ausführungen des damaligen tschechischen Jugendführers auf ausdrückliche Zuneigung des Prager Sicherheitsdienstes stieβen und sich dessen Chef Walter Jacobi gemeinsam mit etlichen HJ-Jugendführern beim Staatsminister für die Förderung dieser tschechischen nationalen Idee und dieses tschechischen Nationalbewuβsteins im Sinne dieses Textes stark machte. Letztendlich verrät dieses von den tschechischen Historikern absolut unbeachtete Archivmaterial wieder einmal, was es mit den angeblichen NS-Eliminierungsabsichten in Bezug auf das tschechische Volk auf sich hatte.

"Der Neue Tag" berichtet am 14. September 1943 von den Sommerspielen der tschechichen Jugend.
 Wir sehen also, daß die Vorstellung einer wiederbelebten Annäherung der Deutschen und Tschechen unter vorgenannten Gesichtspunkten gar nicht so weit hergeholt ist. Und gerade in diesem Sinne bemühen wir uns – und in vielerlei Hinsicht auch viele mit uns kooperierende gleichgesinnte Enthusiasten –, durch kompromißlose, dogmenfreie Aufklärung die hellsten jungen tschechischen Köpfe für den gemeinsamen Weg der Rückbesinnung auf gemeinsame Werte zu gewinnen.

Und wenn wir schon an dem Punkt angelangt sind, wo der Begriff „Rückbesinnung auf gemeinsame Werte“ seine Erwähnung findet, sollte man auch mit Blick in die Zukunft an das wichtigste Werkzeug der praktischen Annäherung von zwei Volksgruppen erinnern – an die Sprache. Die Sprache ist mehr als ein bloßes Kommunikationsmittel, sie ist mehr als ein bloßes Medium zur wechselseitigen Verständigung. Sprache befördert den Gedankenaustausch.

Die "Bücherei der tschechischen Jugend"-Hefte fanden bei den jüngsten Tschechen groβen Anklang. Allein 1943 nahmen an diversen Wettbewerben der Bücherei über 26.000 tschechische Kinder teil. Gröβtenteils handelte es sich um Übersetzungen von Titeln aus der "Kriegsbücherei der deutschen Jugend", abenteuerliche Erzählungen aus dem 1. und 2. Weltkrieg. Die Helden: fast ausnahmslos deutsche Soldaten. Die kleinen Hefte waren bei jungen Tschechen heiβ begehrt und immer sofort vergriffen. (Bild: Verlosung bei einem Wettbewerb der "Bücherei der tschechischen Jugend" im Prager Verlagshaus Orbis im Juli 1943.)

Die deutsche Sprache – nicht ohne Grund als die Sprache der Dichter und Denker bezeichnet – war auf dem gesamten Staatsgebiet der heutigen Tschechischen Republik über Jahrhunderte hinweg die zweite Landessprache gewesen. Auch wenn davon die tschechischen Geschichtsschulbücher keine Notiz nehmen, wissen wir heute, daß etwa der berühmte tschechische „Wiederbeleber“, der in die Geschichte als „Vater des Volkes“ eingegangen ist, František Palacký, seine Kinder zu Hause auf deutsch aufgezogen hat; in seiner Küche wurde morgens also nicht „dobré ráno“ gegrüßt, sondern „Guten Morgen“. Das weckt nicht gerade den Eindruck, daß diese hochgebildete und in Wien, Prag und München hochangesehene Persönlichkeit im Rahmen der sogenannten nationalen „Wiedergeburt der Tschechen“ nur Ziele rein idealistischer Natur verfolgt hatte. Die Frage, warum der Präsident des Slawen-Kongresses mit seinen Kindern ausschließlich Deutsch spricht, sei in diesem Sinne lieber dahingestellt.

Wenn man bedenkt, daß die tschechischen Intellektuellen des 18., 19. aber auch der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die deutsche Sprache vollkommen selbstverständlich als zweite Muttersprache betrachtet und dementsprechend auch tagtäglich gebraucht haben, erscheint dann der heutige Stand, wo die deutsche Sprache in den tschechischen Schulen mitunter auch anhand von überaus peinlichen Phrasen wie etwa „Wann kommt der Zug aus Liberec?“ unterrichtet wird, mehr als jämmerlich. Unverständlicherweise schicken die tschechischen Eltern ihre Kinder in ganzen Scharen in die Englisch- Kindergärten, die es bereits in allen größeren tschechischen Städten gibt. Grenzt die Tschechei seit neuestem etwa an Großbritannien oder die USA an? So muß man sich fragen, nachdem vor ein paar Jahren die tschechische Regierung ernsthafte Überlegungen anstellte, ob es für den tschechischen Nachwuchs förderlich wäre, ab der 3. Klasse das Englische als Pflichtfach einzuführen, während das Deutsche nur noch als Wahlfach zum Angebot stehen solle. Man kann natürlich nicht über die Tatsache hinwegsehen, daß das Englische als Schwergewicht der globalen Kommunikation in seiner Bedeutung definitiv den ersten Platz eingenommen hat, weil auch hier der angloamerikanische „Drang nach überall“ offenbar seine Spuren hinterließ.

Allein, die tschechische Wirtschaft wird mehr als zu einem Drittel von Außenhandel mit Deutschland geprägt. Der Export nach Deutschland ist für Tausende von tschechischen Firmen lebensnotwendig. Wer in der Tschechei die Qualität vor dem Billig-Preis bevorzugt, kauft deutsche Produkte. Interessant, wie reibungslos die deutsch-tschechischen Beziehungen in dem Bereich funktionieren, wo es darum geht, gute Geschäfte abzuwickeln. Die unmittelbare enge Verkoppelung des ehemaligen gemeinsamen Wirtschaftsraumes ist also trotz allen ehemaligen Versuchen, diese voneinander abzutrennen, aus rein geographischen Gründen nach wie vor vorhanden. Daher glaube ich nicht, daß es den natürlichen Gegebenheiten entspricht, wenn sich der mährische Kaufmann aus Brünn mit seinem Geschäftspartner aus Linz, Nürnberg, Leipzig oder Hamburg auf Englisch unterhalten sollte. Unzählige deutsche Begriffe sind im Laufe der Jahrhunderte in die tschechische Sprache eingeflossen. Nehmen wir als Beispiel nur das Hultschiner Ländchen, das nördlich von Troppau liegt. In dem seltsamen Dialekt des Hultschiner Ländchens, der von den außerhalb dieser Region lebenden Tschechen kaum verstanden wird, sind teilweise rein deutsche Worte bis zu fast 40% vertreten. Warum soll dieses schöne Erbe einer gedeihlichen Kulturbereicherung durch irgendwelche, für diesen Raum wirkliche FREMDSprachen ersetzt werden? Und obendrein noch ganz unmerklich unter Bevormundung des Staates...

Eine Reanimierung der deutschen Sprache zumindest in den Grenzregionen wäre also durchaus angebracht, und wir, denen ein friedliches, fruchtbares Nebeneinander von Deutschen und Tschechen am Herzen liegt, müssen alles in unseren Möglichkeiten Stehende tun, damit die Beherrschung der Nachbarsprache als einer der wichtigsten Träger der (wohlgemerkt gemeinsamen!) Kultur zum alltäglichen Standard wird. Dies wird mit Sicherheit auch zur Milderung der Spannungen in den deutsch-tschechischen Beziehungen führen.

Ich höre schon manche besorgte sudetendeutsche Stimmen, die einwenden mögen: Wäre das nicht gleichzeitig ein Verzicht auf unsere Forderungen, deren Durchsetzung wir jahrzehntelang angestrebt haben? Diejenigen, die solche Fragen auf den Lippen haben, möchte ich beruhigen: Gerade die Bewältigung des tief im tschechischen Unterbewußtsein versteckten Minderwertigkeitskomplexes und des daraus resultierten irrationalen Chauvinismus bereitet den günstigsten Boden vor, auf dem sich beide Gesprächspartner auf der gleichen Augenhöhe zusammensetzen können, um die offenen Fragen der tragischen Vergangenheit unvoreingenommen zu diskutieren. Nicht als prädestinierte Gegner! – Nein! Sondern als Menschen, die sich der gemeinsamen kulturellen Wurzeln bewußt sind und gemeinsam dem allerorts wütenden Zeitgeist widerstreben wollen, dem Zeitgeist der Gleichmacherei, zu dessen Zielsetzungen es gehört, alle nationalen und kulturellen Unterschiede zu eliminieren. Die gewollte Verwischung ethnischer Identitäten wird einen willfährigen, kulturell entwurzelten namenlosen Menschentypus erzeugen, der sich im Hamsterrad von Produktion & Konsumwahn dreht, um nur noch den fehlenden Kapitalzinsen hinterherzuhecheln und als gefügiger Konsument für die sogenannten „reichen Arbeitslosen“ sein trauriges Dasein zu fristen. So ein Szenario darf nicht zur Zukunft der abendländischen Völkerfamilie werden!

Sofern also auch der Tscheche versteht, daß der Sudetendeutsche in Wirklichkeit sein artverwandter Stammesgenosse ist, mit dem er deutlich mehrer Gemeinsamkeiten teilt als mit anderen Völkern, wird er mit Sicherheit erst recht in der Lage sein, nach Möglichkeiten zu suchen, wie man die alte offene Rechnung auf freundliche und faire Weise begleichen kann. Und genau über diese Brücke der Gemeinsamkeit, der unumstrittenen Artverwandtschaft, der Bloßstellung der manipulativen Geschichtsverzerrungen bezüglich der Zeit des Nationalsozialismus und der Aufklärung über die heimtückischen Absichten des globalistischen Ungeistes kann man das Ziel eines aufrichtigen Ausgleiches und eines fruchtbaren Zueinanderfindens erreichen.