(Beim folgenden Beitrag handelt es sich um eine wortwörtliche Übersetzung aus der tschechischen kommunistischen Tageszeitung HALÓ NOVINY, veröffentlicht am 23. 3. 2011.)
Verfasser: Jan Stern. Übersetzung: Mathilde Najdek
Die Ereignisse in Dobrenz sind eine gelenkte Provokation
*An Ort und Stelle des angeblichen Nachkriegs-Massakers an Deutschen wurde ein Kreuz aufgestellt und darauf tauchten antideutsche Aufschriften auf. Wer hat diesen Fall eigentlich produziert, Herr Bürgermeister?
Dahinter stehen zwei örtliche Bürger. Der eine ist der Patient einer psychiatrischen Abteilung, und der zweite war vor dem Umsturz ein sehr aktives Mitglied des Jugendverbandes und heute ist er umso aktiver auf der anderen Seite der Barrikade. Außerdem ist es ein Mensch mit dem Komplex „der verschmähten Geliebten“. Er führte bis zur Wahl eine politische Partei und wollte Bürgermeister werden, und rief, wen er alles von hier auskehren möchte, nun und die Menschen haben es ihm heimgezahlt, und so ist er nicht im Gemeinderat. Seitdem versucht er um jeden Preis den Gemeinderat auseinanderzubringen. Er sucht nach einem Konflikt, und seit letztem Jahr benutzt er die Stelle, wo die Überreste der Deutschen gefunden wurden.
*Sie sollen von diesen Aktivisten sogar attackiert worden sein…
Ja, gegen diesen Narren musste ich schon eine Strafanzeige erheben, weil er mich auf der Straße angefallen hat. Dass mich jemand als Bolschewik beschimpft, daran habe ich mich gewöhnt. Aber er hat mir gedroht, und das war mir zu viel. Er sagte wörtlich „du bolschewistische Hu…, dich haben wir schon erledigt“. Wissen Sie, er ist in diesem Duo, der eine für die grobe Kraft, der zweite versteckt sich seinetwegen ein bisschen.
*Nur diese beiden Sonderlinge haben die ganze Geschichte hervorgerufen?
Es sind noch zwei Herren, die dahinter stecken. Der Herr Redakteur Mareš von der Internetseite „Neviditelný pes/Der unsichtbare Hund“ und der Journalist David Vondráček vom Tschechischen Fernsehen. Diese Leute verfälschen die Geschichte komplett. Als ich die Sendung von Herrn Vondráček im Tschechischen Fernsehen gesehen habe, wo gesagt wurde, dass die SS mustergültige Soldaten der Wehrmacht waren, die erst unter dem Druck des Kriegsendes Bestialitäten verübt haben, habe ich meinen Ohren nicht getraut. Wenn man dann aber hört, dass Herr David Vondráček einen Preis der sudetendeutschen Stiftung für Publizistik erhalten hat, begreift man manches. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass zum Preis eine zehn Tausend Euro Prämie gehört. Warum sollte sich der Bursche da nicht bemühen, nicht wahr.
*Kann man beschreiben, wie sich die Ereignisse entwickelt haben?
Alles hat damit angefangen, dass Herma Kennel, eine Deutsche aus der Gemeinde Steine/Kamenná eine Erzählung schrieb, in der sie die Erzählung ihres Onkels und ihrer Tante verarbeitete. Dort wurde geschrieben, dass es hier unweit zu einem Massaker an Deutschen kam. Herr Mareš hat es als literarische Fakten aufgegriffen und erstattete bei der Polizei eine Strafanzeige, damit diese das angebliche historische Verbrechen untersucht. Die Polizei hat die menschlichen Überreste bei der Wiese Budinka gefunden und an das Anthropologische Institut in Brünn und von dort nach Prag geschickt. Mehr weiß ich über die Überreste nicht, weil die Polizei grundsätzlich keine Auskunft gibt, auch wenn sie vom Gesetz her dazu verpflichtet ist. Es weiß also niemand bestimmt, wessen Knochen das sind, aber auch über deren Schicksal weiß niemand etwas.
Trotzdem haben an jenem Platz die bereits erwähnten zwei Bürger im vergangenen Jahr ein Kreuz aufgestellt. Menschen die dort spazieren gehen haben nicht darauf reagiert. Ich hatte Angst, dass dies gleich von jemandem kaputt gemacht wird und es einen überflüssigen Konflikt und Schande geben wird. Das ist zum Glück nicht passiert. Im Februar haben wir im Gemeinderat über das Kreuz verhandelt, und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir gegen die Platzierung nichts haben, dass uns das nichts angeht, und wenn jemand dort einen Granitstein anbringen möchte, soll er das doch mit dem Besitzer des Grundstücks und dem Bauamt absprechen. Nur dieser ruhige Verlauf hat jemandem wahrscheinlich nicht gefallen. Plötzlich tauchten ein dreiviertel Jahr danach auf dem Kreuz jene berüchtigten Zettel auf, die die Deutschen beschimpfen, und dann hat jemand das Kreuz abgeholzt…
*Wer hat Ihrer Meinung nach die Zettel dort angebracht?
Dazu möchte ich mich nicht äußern, falls sie mir gut zugehört haben, begreifen sie es selbst.
*Ich würde sagen, dass dies vor allem nach den beiden aus dem Ort stammenden aussieht, die das Kreuz aufgestellt haben und glaubten, dass es einen Riesenkampf geben wird, ein Fall, mediales Interesse – und es ist nichts geschehen…
Ich sehe, dass sie ein sehr nachdenkender Mensch sind, Herr Redakteur. Relativ viele Leute im Ort haben die gleiche Meinung dazu wie Sie. Ich sage nur das, dass es sich meiner Meinung nach um eine gelenkte Provokation handelt. Man verfolgt damit Aufsehen zu erregen, Spannung herbeizuführen und irgendwelche Helden zu schaffen – wissen sie, dass ich lachen musste, als ich in der Zeitung las, dass die „linken Kräfte in Dobrenz“ ein Referendum veranstalten wollen über die Aussiedlung eines der oben erwähnten Bürgers. Ursprünglich dachten wir nur an ein Referendum über das Denkmal. Aber auch davon hat der Gemeinderat schließlich Abstand genommen.
*Was wird also mit der Wiese Budinka geschehen?
Das Gesetz über die Beisetzung sagt klar, dass wenn menschliche Überreste gefunden werden, diese beigesetzt werden müssen. Die deutsche Seite behauptete noch im August des vergangenen Jahres, dass wenn die Knochenreste untersucht sein werden, sie diese nach Deutschland mitnimmt Jetzt haben sie ihre Meinung plötzlich geändert und geschrieben, dass die Verwandten der Toten wünschen, dass ihre Vorfahren in ihrer Heimat beigesetzt werden. Nun gut, da lässt sich nichts machen, wir werden das respektieren. Aber die Menschen im Ort befürchten, dass dieser Ort der Trauer nicht zu einem Wallfahrtsort für Sudetendeutsche oder ein Versammlungsort für Neonazis wird. Deshalb wünschen wir, dass an dem Ort nur ein einfacher Grabstein und auf ihm die Namen derer sein wird, die dort nachgewiesener Maßen beerdigt sein werden. Das hat der Gemeinderat auch so abgestimmt.
*Wie viele Namen werden dort stehen?
Das weiß ich noch nicht. Wir schreiben die Namen der Personen auf, die uns die Polizei übergibt. Privat interessiert mich nur, wie viele dieser Leute SS-Männer waren und wer nur einfaches Mitglied der NSDAP war. Die Gemeinde Steine, woher die Toten stammten, war nämlich ein sehr interessantes Dorf – es lebten dort nur sechs Tschechen, ungefähr 212 Deutsche, davon rückten 57 in SS-Einheiten ein! Das ist ein ordentliches Verhältnis, nicht wahr.
*Wissen Sie, wie es nach dem Krieg wirklich war?
Das weiß niemand. Nach der Version, die im Ort die Runde macht, sollen die Deutschen auf der Wiese Budinka untereinander abgerechnet haben. Der Zündstoff sollte die Hinrichtung eines jungen Deutschen sein, der von der Wehrmacht weggelaufen ist und sich im Ort bei einem Bauern versteckt hat. Am 6. Mai dachte er, dass alles vorbei ist und ging ins Wirtshaus, worauf ihn ein anderer Deutscher bei den deutschen Feldjägern angezeigt hat und die sollen ihn erschossen haben. Das soll nach Kriegsende die Rache eines Teiles der örtlichen Deutschen hervorgerufen haben. Aber niemand weiß etwas Genaues. Die, die behaupten, dass sie etwas wüssten, lügen. Sie waren nicht dabei und können so nichts wissen. Diejenigen, die dabei waren, haben bis zum Tode nichts gesagt, und heute kann niemand mehr etwas bezeugen.
*Trotzdem ist Dobrenz zum medialen Symbol für „tschechische Nachkriegsbestialitäten" geworden!
Nun ja. Es geht nicht nur um Dobrenz. An fünf, sechs Stellen der Republik tauchen ähnliche Geschichten auf und jemand steigert verschiedene Forderungen. Meines Erachtens ist es Teil einer Druckausübung, um die Beneš-Dekrete zu durchbrechen. Falls es so weiter geht, werden Kinder in zwanzig Jahren lernen, dass tschechische Bestien den Zweiten Weltkrieg entfesselt haben. Ich bin darüber recht traurig. Am traurigsten bin ich darüber, dass unsere Regierung so schwach ist, und keine Stellung dazu nimmt.