Zum 1. Teil
Laufende Ermittlungen gegen Buchverleger und Publizisten wegen vermeintlicher „Verharmlosung und Rechtfertigung des Völkermordes“ entlarven durchaus berechtigte Ängste der gängigen öffentlichen tschechischen Geschichtsschreibung
Lukas Beer
Ende 2012 ging bei der tschechischen Polizei ein Anruf von einer öffentlich bekannten Menschenrechtsaktivistin ein. Sie hat eine Strafanzeige gegen den Verleger und den Verfasser des Buches Adolf Hitler: Die Reden erstattet. Ihrer Ansicht nach lag ein Verdacht dahingehend vor, daß durch die Veröffentlichung dieses Buches der Tatbestand „Unterstützung einer nach Recht- und Freiheitsunterdrückung von Menschen trachteten Bewegung oder Ideologie“ erfüllt sei. Diese tschechische Tatbestandsbeschreibung wäre im deutschsprachigen Raum etwa mit der NS-Wiederbetätigung oder dem Verstoß gegen das Verbotsgesetz gleichzusetzen.
Daraufhin hatte die tschechische Polizei als Erstes den aktuell bekanntesten tschechischen „Extremismus-Experten“ Miroslav Mareš um eine Stellungnahme zum Inhalt des inkriminierten Buches ersucht und der kam letztendlich zu der Ansicht, daß das Buch als „ziemlich grenzwertig“ hinsichtlich des genannten Straftatbestandes zu bewerten sei. Mareš legte den ermittelnden Beamten nahe, diesbezüglich den namhaften tschechischen Militärhistoriker und Zeitgeschichtsforscher mit überwiegender Fokussierung auf die NS-Zeit, Jan B. Uhlíř mit Erarbeitung einer gutachtlichen Stellungnahme bzw. eines Gutachtens zu diesem Thema zu beauftragen. Der empfohlene Prager Historiker hat sich tatsächlich bereiterklärt und hat diesem Wunsch in einem weitaus größeren Ausmaß als von der Exekutive ursprünglich verlangt Folge geleistet, indem er insgesamt gleich drei gutachtliche Stellungnahmen vorlegte – zwei zu dem betreffenden Buch und eine zu der publizistischen Tätigkeit von Lukas Beer bzw. dem von ihm betriebenen Weltnetzportal Nas smer.
Tschechischer Zitat-Schwindler als Gutachter in Ermittlungen gegen Beer und Kamas
Ehe an dieser Stelle auf den wesentlichen Inhalt der besagten Gutachten eingegangen wird, seien hier ein paar nicht uninteressante Angaben über den von der tschechischen Polizei beauftragten Historiker Jan B. Uhlíř erwähnt. Der junge Geschichtsforscher (1972) und aktiver Prager Sokol-Funktionär tritt gelegentlich in tschechischen Medien auf. Sein Interesse gilt vornehmlich der Geschichte des Protektorates Böhmen und Mähren, ferner des tschechisch-nationalgesinnten Sokol-Turnverbandes und des tschechischen Widerstandes im 2. Weltkrieg. Uhlíř wird auch laufend zu diversen Konferenzen geladen, die sich mit den Heydrich-Attentätern befassen – mit dabei auch seine Kollegen aus der staatlich geförderten Historiker-Riege. Er ist auch Autor von wichtigen, sich mit dem Zeitraum 1938-1945 auseinandersetzenden Monographien. 2008 kam sein großer Bildband „Protektorat Böhmen und Mähren in Bildern“ (Protektorát Čechy a Morava v obrazech) heraus, sein bislang bekanntestes und in Tschechien viel beachtetes Werk. Es handelt sich einerseits um ein in Bezug auf die Abhandlung und Veröffentlichung von Bildmaterial bisher noch nicht übertroffenes und umfangreiches Werk übers Protektorat. Der Verfasser hat hier unter anderem sehr routiniert und in einer bis jetzt unbekannten Breite die Rolle der böhmisch-mährischen Rüstungswerke in der deutschen Kriegswirtschaft erörtert und stellt unmißverständlich klar: „Die bisherige Darstellung der Bedeutung der Rüstungsindustrie des Protektorates im Rahmen der Kriegsbemühungen des Dritten Reiches ist völlig unzureichend; der Stellenwert des böhmisch-mährischen Raumes wird hierin unterschätzt und nicht beachtet, und dies in einem nie da gewesenen Ausmaß sowohl durch tschechische als auch durch ausländische Historiker.“ Als sehr verdienstvoll ist zweifelsohne auch Uhlířs Beitrag zur Geschichtsforschung betreffend des „weißen Flecks“ der böhmisch-mährischen Geschichte zu bewerten – seine durchaus kritische geschichtswissenschaftliche Untersuchung der nur wenige Monate existenten 2. tschechoslowakischen Republik.
Leider entgehen einem kritisch betrachtenden Leser dieses in Tschechien vielfach auf positive Resonanz stoßenden, mittlerweile oft zitierten Standardwerks nicht die sehr eigenwilligen Thesen und geschichtlichen Interpretationen des Verfassers hinsichtlich der unbestrittenen Tatsache einer „relativ milden Behandlung“ des tschechischen Volkes durch die deutsche Besatzungsmacht während des Krieges. Schlimmer noch – von der offiziellen tschechischen Historikergemeinde völlig ungeachtet, bedient sich der Verfasser in seinem Werk und gleichzeitig seinem bekanntesten Buchtitel nachweislich einer regelrechten Fälschung. Um seiner im Buch aufgestellten These, wonach es den Tschechen im Protektorat im Vergleich mit Polen oder Juden verhältnismäßig nur deswegen wesentlich besser ergangen sei, weil die tschechischen Volksangehörigen vorübergehend für die Rüstungsindustrie gebraucht worden und daher für die deutschen Machthaber einstweilen unersetzlich gewesen und demzufolge dem „traurigen jüdischen oder polnischen Schicksal entronnen“ seien, ordentlich Nachdruck zu verleihen, griff Uhlíř zu einem äußerst zwielichtigen Mittel: Er gibt an einer bestimmten Stelle seines Buches vor, aus dem Grundsatzwerk des NS-Chefideologen Alfred Rosenberg Der Mythus des 20. Jahrhundert wortwörtlich zu zitieren. In der besagten Passage soll Rosenberg (laut Uhlíř) über „unfähige und eingebildete Völker“ und über „Völker ohne jegliche Werte“ herziehen. Auf jene Volksgruppen sei im bevorstehenden „existenziellen Kampf des deutschen Volkes“ keine Rücksicht zu nehmen, namentlich auf die Polen und Tschechen. Die zwei genannten Völker seien – laut dieser angeblich von Rosenberg in seinem Werk getätigten Aussage – „in den Osten“ zu verdrängen, damit der Boden frei werden kann für den „germanischen Bauern“.
Uhlíř unterbreitet dieses angebliche Wortlaut-Zitat Rosenbergs eindrucksvoll als Beleg für die tatsächlichen Absichten der Nationalsozialisten mit dem tschechischen Volk, wohlgemerkt bereits lange vor dem Ausbruch des 2. Weltkrieges. Kaum jemand kommt auf die Idee, diese Textwiedergabe auf ihre exakte Quellenangabe hin zu überprüfen. Wer dies trotzdem tut und in Uhlířs mehr als achthundertseitigem Werk hinten im kleingedruckten Endnotenverzeichnis genau nachschlägt, wird zu seiner Verwunderung feststellen müssen, daß der Verfasser keineswegs aus Der Mythus des 20. Jahrhunderts von Rosenberg zitiert hat, sondern eine Textstelle aus einer 1937 unter einem Pseudonym in Prag erschienenen dünnen Broschüre wiedergibt. Dieses, in natura von einem erklärten tschechischen NS-Gegner und Rassentheorie-Kritiker herausgebrachte Pamphlet wiederum täuscht nur vor, aus Rosenbergs „Mythus“ zu zitieren, und erfindet schlichtweg jenen von tschechischem Staatshistoriker „worttreu“ übernommenen abfälligen vermeintlichen Ausschnitt aus Rosenbergs Buch. Warum der professionelle tschechische Staatshistoriker – immerhin soll er u. a. ein Jahr lang an der Berliner Humboldt-Universität Studien absolviert haben und dürfte daher sicher der deutschen Sprache einigermaßen mächtig sein – nicht direkt auf das Original von Rosenberg zurückgreift und stattdessen Gebrauch von einem minderwertigen Plagiat macht, läßt in der Tat lediglich auf zwei Erklärungen schließen: mutwillige Fälschung oder hochgradige Amateurhaftigkeit!
Dreht man im Originaltext von Rosenberg sprichwörtlich jeden Stein um und sucht penibel nach Textstellen ab, die in irgendeiner Weise das tschechische Volk zum Thema haben, läßt sich lediglich eine vierseitige Abhandlung im „Ersten Buch“ (Kapitel „Rasse und Rassenseele“) ausfindig machen. Hier ist der Buchautor ganz im Sinne der NS-Rassenlehre bemüht, Zusammenhänge zwischen nationalen Spannungen im böhmisch-mährischen Raum des Mittelalters und abweichender rassischer Veranlagung der Tschechen zu konstruieren, und legt die Hussitenkriege dahingehend aus, diese hätten in ihrem weiteren Verlauf das wahre rassische Antlitz der beteiligten Konfliktparteien durch Zerstörungswut einerseits und Besonnenheit andererseits offenbart und verdeutlicht. Es ist in Rosenbergs Buch aber erwiesenermaßen keineswegs von Vertreibung der Tschechen oder von „Platz machen“ für die „germanischen Bauern“ die Rede. Vielmehr versteigert sich Rosenberg in seinen Gedankengängen zu Schlußfolgerungen wie etwa: „In Zeiten großer Umwälzungen kann natürlich nie viel geschont werden, der Taboritismus jedoch kostete das Tschechentum so ziemlich alles, was es an eigenartigen Gesittungskräften besaß. Seitdem ist dieses Volk unschöpferisch geblieben und verdankt seine spätere kulturelle Erholung den neuerdings wieder einströmenden deutschen Formkräften. Wildheit gepaart mit charakterlicher Kleinheit ist bis heute leider ein Kennzeichen großer Teile des Tschechentums geblieben.“
Wer es nicht glaubt, darf sich Rosenbergs Buch selbst in einer Bücherei ausleihen und mit Uhlířs „Wiedergabe“ vergleichen. Pech nur für jene, die kein Deutsch beherrschen – und das wird wohl genau jene Zielgruppe gewesen sein, auf die Uhliřs Fälschung abzielte. Und in der Tat, mittlerweile machen nicht nur tschechische Studenten von dieser Quelle in ihren Wissenschaftsarbeiten häufig Gebrauch, auch die offizielle Internetseite des Tschechischen Rundfunks verweist auf dieses angebliche Rosenberg-Zitat! Selbstverständlich wird diese plumpe Fälschung und Verzerrung von den tschechischen Kollegen aus den Historiker-Kreisen nicht einmal wahrgenommen, geschweige denn korrigiert oder beanstandet. Im Gegenteil – Uhlíř gibt nach wie vor Interviews, und tschechische Medien befragen ihn wie einen hochseriösen Historiker vielfach nach seinen Urteilen und Ansichten, wenn es darum geht, wieder neue Details zu der in der postkommunistichen Tschechei mittlerweile als eine Art Nationalkult gebetsmühlenartig gepredigten Heydrich-Attentatsgeschichte und neue spannende Widerständler-Erzählungen zum Besten zu geben. Uhlíř wird in der Tschechischen Republik vielmehr als Meister seines Fachs angesehen und seit Neuestem wird er von ermittelnden Polizeiorganen zusätzlich als Geschichtsexperte und ausdrücklicher Kenner der NS-Zeit zwecks Erstellung einschlägiger Gerichtsgutachten in Strafverfahren gegen vermeintliche oder tatsächliche Rechtsextremisten herangezogen.
Entdeckt worden ist diese offensichtliche Zitat-Fälschung übrigens vom Publizisten Lukas Beer durch eine eher zufällige Recherche. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, zumal ausgerechnet der tschechische Staatshistoriker Jan B. Uhlíř – gerade entweder als Lügner oder eben als Amateur entlarvt – am Anfang einer Geschichte steht, deren Verlauf nicht skandalöser und befremdender sein könnte.
Nach Erstattung einer Strafanzeige gegen den Verlag guidemeidia etc im Dezember 2012 hat sich das ermittelnde Organ just an diesen Schwindler mit der Bitte gewandt, er möge eine „gutachtliche Stellungnahme“ über das Weltnetzportal Nas smer sowie über den ursprünglich Ausschlag gebenden Gegenstand der Ermittlungen – das tschechische Buch mit Hitler-Reden, versehen mit Vorwort und Einleitungen von Lukas Beer – erarbeiten. Der angesprochene Historiker Uhlíř nahm dieses Angebot bereitwillig an und verfasste Anfang des vorigen Jahres insgesamt drei „beeindruckende“ Texte, die es wahrlich in sich haben: Basierend auf seinen „gutachtlichen Stellungnahmen“ wurde gegen die Verlagseigentümer Pavel Kamas und Lukáš Novák, sowie gegen den Historiograph Lukas Beer einige Monate später Anklage wegen „Leugnung, Verharmlosung, Gutheißung oder Rechtfertigung des Völkermordes“ erhoben. Mit diesem Vorwurf – gespickt lediglich mit hohlen Phrasen – konfrontiert, machen alle drei Beschuldigten von ihrem Recht Gebrauch, eine Aussage zu verweigern. Nicht weil sie etwa dermaßen viel Butter auf dem Kopf hätten, sondern wie der Verleger Kamas es auf den Punkt bringt: „Einen historischen Diskurs wollen wir selbstredend nicht auf einem Polizeikommissariat, sondern, wenn schon notgedrungen, dann nur vor einem Gericht austragen!“
Seit den Anfang 2013 eröffneten polizeilichen Ermittlungen werden alle Beschuldigten selbstverständlich telefonisch abgehört und ihr Mail-Verkehr wird offenbar auch gut überwacht – da fühlten sich die Beteiligten erwartungsgemäß nicht wirklich vor den Kopf geschlagen; es gehört halt zur Routine in derartigen Fällen, selbst wenn es sich bei den Beschuldigungen im Grunde um eine regelrechte Anmaßung handelt, wie in diesem Text an einer weiteren Stelle exakt aufgezeigt wird. Aber folgendes Ereignis schlägt dem Fass den Boden aus: Von einem Tag auf den anderen wurde dem Publizisten Lukas Beer der Zugang zu seinem Privatkonto gesperrt (Betrag in der Höhe von 12.000 Euro wird polizeilich „gepfändet“). Genauso ergeht es dem Verleger Kamas, der ebenfalls glaubt, in einem falschen Film gelandet zu sein: zusätzlich zu seinem Privatkonto hatte die Polizei auch noch das Firmenkonto mit einer 320.000 Euro-Sperre belegt – Geld, auf das sein Verlagshaus ab nun keinen Zugriff mehr hat. Von der Staatsanwaltschaft kommt ein paar Tage später auch schon ein rechtfertigender Beschluß. Dieser begründet die Sperrung als prophylaktische Maßnahme – man wolle mittels dieser Vorkehrung den Verkauf dieses (noch nicht verbotenen) Buches eines (noch nicht schuldig gesprochenen) Verfassers durch einen (noch nicht abgeurteilten) Verlag verhindern. Wen kümmert‘s, daß die tschechische Staatsanwaltschaft, ohne den tatsächlichen Verkaufsstand nur annähernd berücksichtigt zu haben, die Zahl an verkauften Büchern kurzerhand mit 10.000 Stück bezifferte und ihre Berechnungen (theoretische Honorarauszahlung an Beer, Gesamtverkaufserlös des Verlagshauses) mit dieser Zahl anstellte. Und wen juckt‘s, daß sie das rein theoretisch an Beer ausbezahlte Honorar nicht nur dem vermeintlichen Empfänger, sondern gleich noch dem Verlagshaus sperren ließ und das Geld auf diese Weise quasi doppelt „kassierte“.
Kritik an Versailles vom tschechischen Staatsanwalt der NS-Ideologie gleichgesetzt!
Dies erscheint umso skandalöser, als in dem „Anklagesatz“ keinerlei konkrete Hinweise auf Verschulden der demnächst Angeklagten herauszulesen sind! Den Beschuldigten wird nur sehr verschwommen und in phrasenhafter Sentenz „Verharmlosung und Rechtfertigung des Völkermordes“ angelastet, und zwar auf eine Art und Weise, die selbst einem Außenstehenden ein Gefühl vermitteln könnte, hier gehe es nicht mit rechten Dingen zu. Man bedenke, man hat mit nachstehender Argumentierung die Beschuldigten bereits vorverurteilt, indem die Staatsanwaltschaft jeglichen Zugang zum privaten und firmeneigenen Geld blockierte.
Was Genaues steht also in dem „Anklagesatz“?
Gleich vorweg – das Schriftstück spricht nicht gerade viel Klartext, und ja – es handelt sich um keinen historischen Diskurs, sondern um ein Zitat aus dem Aktenstück der tschechischen Justiz bzw. Polizeiorgane:
Den Beschuldigten wird die Herausgabe eines Werkes zur Last gelegt, „dessen Inhalt hauptsächlich Reden von Adolf Hitler aus den Jahren 1939-1942 darstellen. Diese beinhalten Gedanken und Grundsätze des Nationalsozialismus, wo es z. B. konkret um seine [Hitlers] Überlegungen und Auffassungen bzgl. angeblicher Unterdrückung oder sogar Massaker, verübt am deutschen Volk in der Tschechoslowakei und in Polen, um Sympathieäußerungen gegenüber faschistischem Spanien und Italien, um die Kritik des sog. internationalen Judentums und der westlichen Demokratien, Hervorhebung der Erfolge des Nationalsozialismus in Deutschland etc. geht, wobei dieses Buch mit einem Vorwort und sowie einem Nachwort und die einzelnen Reden dann mit Kommentaren von Lukas Beer versehen wurden, deren Inhalt eindeutig als Billigung von Auffassungen Adolf Hitlers, folglich von Auffassungen des Nationalsozialismus einschließlich des Nazi-Völkermordes und weiterer Verbrechen gegen die Menschlichkeit [sic!] zu verstehen sind.“
Verlagseigentümern Pavel Kamas und Lukáš Novák wird demzufolge der Umstand angelastet, dieses Buch anschließend publiziert und auf den tschechischen Buchmarkt gebracht zu haben.
In weiterer Folge wird im besagten Aktenstück ausführlicher, dennoch kaum aufschlussreicher, dargelegt, worauf sich die tschechische Polizei bei diesen Anschuldigungen stützt. Die Ermittler haben eine einschlägige „gutachtliche Stellungnahme“ (bitte nicht mit einem regelrechten „Gutachten“ verwechseln, darauf kommen wir noch zu sprechen) des erwähnten Staatshistorikers und Zitat-Schwindlers Jan B. Uhlíř einholen lassen, dessen Auffassungen die Ermittler letztendlich zu folgendem Fazit kommen läßt (Zitat):
„Während das Vorwort zum Buch zusammenfassend nicht als Billigung von Ansichten Adolf Hitlers ausgelegt werden kann, ist dieses in den Kommentaren in Form von Einleitungen zu den einzelnen Reden nicht der Fall. Lange Passagen sind direkt aus den Reden übernommen worden. Ein durchschnittlicher Leser ist keineswegs in der Lage, auseinanderzuhalten, wo es sich um direkte Rede handelt und wo nicht, denn der Verfasser zitiert nicht. [Anm.: Die tschechische Sprache verfügt nämlich über keinerlei vergleichbares grammatikalische Mittel wie etwa die deutsche Sprache über die Konjunktivmöglichkeit beim sinngemäßen indirekten Zitieren oder Paraphrasieren.] Gegenüber den Auffassungen, die durch Adolf Hitler hinterm Rednerpult getätigt wurden, wendet er [der Verfasser, also Lukas Beer] in diesen Kommentaren nichts Negatives ein, sondern ergänzt diese lediglich. Und gerade jene Passagen lassen sich als Zustimmung zum Inhalt der Reden interpretieren. Obwohl sich die Einleitungen zu den einzelnen Reden zweifelsohne als tendenziell bezeichnen und eine Reihe von antisemitischen Anspielungen und als Anspielungen auf die Ungerechtigkeit des sog. Versailler Systems – und daher genau den Intentionen der nationalsozialistischen Ideologie entsprechend – erkennen lassen, keiner von diesen einleitenden Kommentaren bestreitet explizit Nazi-Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In einem Pro-Nazi-Geist schrieb Beer auch künstlich zusammengefasste Zwischenüberschriften und stellte diese hinein in die Texte der Hitler-Reden. Die Schrift stellt nichts anderes dar als eine eigenwillig zurechtgestutzte Mischung von Abschriften und Umschriften der Hitler-Reden mit künstlich konstruierten und absichtlich tendenziellen Zwischenüberschriften und einleitenden Kommentaren. Aus dem Gesamtkontext der Publikation geht hervor, daß weder der Verfasser noch der Verleger sich Gedanken darüber gemacht hat, daß das Buch einer kritischen Bewertung durch einen professionellen Historiker unterzogen werden sollte; so stehen sie [die Beschuldigten] hinter der Entstehung eines absolut nicht vertrauenswürdigen und wissenschaftlich nicht überprüfbaren Textes. Beachten sollte man auch eine weitere evidente Tatsache: es geht um die graphische Gestaltung des Buchumschlages, einschließlich der Lesezeichen, deren Farbgestaltung eindeutig und zweifelsohne von den Farben der NSDAP-Flagge abgeleitet wurde. Das Werk propagiert eindeutig und wissentlich, und in einer absichtlich manipulativen Art und dies fast auf jeder Seite die Nazi-Ideologie und die Spitzenvertreter der NSDAP – Adolf Hitler und Joseph Goebbels. Diese Art und Weise entspricht genau jenem Stil, mit dem die Neonazi-Szene der letzten Jahre im Rahmen ihrer revisionistischen Auffassungen diese Ideologie breiteren Kreisen der Bevölkerung unterbreitet.“
Des Weiteren wird auch die publizistische Tätigkeit von Lukas Beer erörtert und von dieser sinngemäß behauptet, daß das ermittelnde „Polizeiorgan eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt hat, wonach diese Internetseiten [Nas smer] zweifelsohne eine Propagandabedeutung für heutige extremistisch gestimmte Bewegungen hat, denen das heutige demokratische Staatswesen ein Dorn im Auge ist. Gleichzeitig werben diese Seiten für im Verlagshaus guidemedia herausgegebene Nazi- und Neonaziliteratur.“
Dem werten Leser wird bestimmt nicht entgangen sein, daß die ganzen sicherlich schwerwiegenden Anschuldigungen auf der Ebene von allgemein klingenden Phrasen vorgetragen und ohne stichhaltige Argumente und Hinweise dargelegt werden. Einer krassen Ironie entbehrt auf alle Fälle nicht jene Textpassage – übernommen direkt aus der von Uhlíř erstellten Begutachtung – in der dem Publizisten Beer sozusagen ins Gewissen geredet wird, weil er das Buch nicht einer kritischen Bewertung durch einen professionellen Historiker hat unterziehen lassen. Würde diese Standpauke nicht gerade von einem anerkannten tschechischen professionellen Historiker und Zitat-Schwindler kommen, der in seinem bekanntesten Buch Dokumentenfälschung auf die primitivste Art betreibt, könnte man sich diese Moralpredigt des Fachmannes noch einigermaßen zu Gemüte führen! So aber bekommt dieser Fall einen faulen Beigeschmack – doch die haarsträubendsten Sachen kommen erst dann ans Tageslicht, wenn man die ausführlichen drei „gutachtlichen Stellungnahmen“ von Jan B. Uhlíř beherzigt, denn die oben zitierten Textstellen waren nur eine Zusammenfassung fürs polizeiliche Aktenstück, mit dessen Hilfe die Beschuldigten über das eröffnete Ermittlungsverfahren in Kenntnis gesetzt wurden – und eine Art Vorgeschmack! Historiker Uhlíř läßt in seinen Stellungnahmen nicht einmal „die sogenannten Sudetendeutschen“ aus dem Spiel.
Was Genaueres steht dort drin?
Fortsetzung folgt!